Hohes Defizit bei zu wenig Klimaschutz

zu viel minus, zu wenig klima im Haushalt der Gemeinde Borchen

Corona im dritten Jahr: Leider konnten wieder keine Haushaltsreden zur Verabschiedung des Borchener Haushalts gehalten werden. Hier finden Sie, was wir zu sagen hätten:

„Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrter Kämmerer, sehr geehrte Damen und Herren,

im neuen Haushalt der Gemeinde Borchen ist im herkömmlichen Sinne viel Gutes drin. Wenn dieser heute gültig wird, endet damit eine Phase der intensiven Beratung des über 380 Seiten starken Zahlenwerks. In sachlicher Weise werden darin die finanziellen Eckpfeiler und Leitlinien für die kommenden Monate und Jahre gezeichnet und vorausgeplant.

Konstruktive Grundstimmung, Corona und Klimaschutz setzen Rahmen für Borchener Haushalt

Als Rat, politische Gruppierungen und als Verwaltung sind wir grundsätzlich geübt mit diesem schwerfälligen, etwas zähen Diskussions- und Steuerungsprozess. Vordergründig geht es hierbei scheinbar um Zahlen, letztlich jedoch um die gemeinsame Ausrichtung. Doch bei aller Übung waren diese Haushalts­beratungen andere als in den Jahren zuvor. So hat sich einerseits die neue konstruktive Grundstimmung der Gemeinde für einen offenen Dialog mit den Fraktionen positiv ausgewirkt. Andererseits haben die Corona-Pandemie wie auch die immer drängenderen Anforderungen des Klimaschutzes einen neuen Rahmen für diese Beratungen gesetzt.

Danke an die Verwaltung

Umso mehr wollen wir eine langjährige Tradition brechen und der Verwaltung direkt zu Beginn herzlich danken: Danke für den Haushalt mit vielen neuen nützlichen Angaben, die es insgesamt erleichtert haben, das Zahlenwerk zu verstehen. Wir danken für den offenen Austausch über Fragen, Themen und Ziele, die aus den verschiedenen politischen Haltungen heraus nicht immer im direkten Einklang stehen konnten. Und dennoch: Der neue offene Stil des Miteinanders ermöglicht das konstruktive Gespräch, das im besten demokratischen Sinne der Meinungsfindung, einem gegenseitigen Austausch, Verständnis und bestenfalls einem Konsens dient.

Viel Gutes drin: Schulen, Feuerwehr und Digitalisierung

Konsens ist dann das Stichwort oder im modernen Sinne der Hashtag aktueller Generationen, unter dem wir als FWB entscheiden müssen, ob wir den Haushalt mittragen können. Und ja – wie schon erwähnt – es ist viel Gutes drin. Endlich widmen wir uns unseren Schulen, bringen die Schulgebäude auf Stand und treiben die Digitalisierung verspätet aber mit noch höherem Tempo voran. Die Zahl der Betreuungsplätze wird an den zukünftigen gesetzlichen Bedarf durch umfassende Baumaßnahmen angepasst. Noch mehr des Lobs: Wir haben endlich einen Plan für die Weiterentwicklung und Erhaltung unserer Feuerwehren und auch die schreckliche Durchfahrtsstraße („Paderborner Straße“) wird für alle Verkehrsteilnehmer*innen und das Umfeld aufgewertet.

Welche überwiegende Einigkeit bei allen Parteien über den Haushalt besteht, zeigt in diesem Jahr die Auswahl der eingereichten Anträge, die sich mit verschiedensten Themen vom Wochenmarkt bis zum Aufstellen neuer Laternen auseinandersetzen. Alles in allem waren dies ergänzende Anträge, die den Haushalt in keinerlei Weise infrage gestellt haben, sondern nur im Detail beeinflussen sollten. Betrachtet man den Haushalt als klassisches Zahlenwerk kann man mit diesem Ergebnis auf allen Seiten wohl zufrieden sein.

Schwarze Null macht nicht mehr glücklich: Öko-Null gefordert

Und dennoch waren es andere Haushaltsberatungen: Dies nicht wegen des Haushalts und der enthaltenen Zahlen, sondern viel mehr durch die Rahmenbedingungen und drängenden Anforderungen unserer Zeit, die wir als FWB gerne viel stärker gewichtet hätten. Wir sind mit dem Ziel der schwarzen Null, die in früheren Jahren immer am Horizont hoffnungsvoll schimmern sollte, nicht mehr zufrieden. Und seien wir ehrlich: Erreicht haben wir sie nie und wenn wir uns ihr angenähert haben, dann nur unter dem Eindruck fast schon vernachlässigter Gebäude mit dem Charme vergangener Zeiten, zurückgestellter Investitionen und einer sich immer höher drehenden Kostenschraube.

Knapp 2,1 Millionen € Defizit finden sich inklusive der Corona-Kosten sachlich präsentiert im Haushalt wieder und wir fragen uns als FWB, wie lange wir uns dieses Defizit eigentlich noch leisten können und wollen. So ist das Geld beispielsweise gut in die Schulen investiert und zeigt auch die Weitsicht für kommende Jahre – so wird hier Steuergeld sinnvoll eingesetzt und aus klassischer Sicht ein guter Haushalt präsentiert. Doch hatten wir nach der Flutkatastrophe im Ahrtal, den insgesamt immer deutlicher werdenden Auswirkungen der Klimaveränderungen und den starken grünen Wahlergebnissen im Bundestag andere Haushaltsberatungen erwartet.

Nach der schwarzen Null hätten wir uns nun das neue Ziel einer ökologischen Null gewünscht – einer Ausgabennull, die uns am fernen Horizont mahnend leuchtet, dass wir immer noch viel zu viel Geld ausgeben. Zugleich hätte diese neue hoffnungsvolle Null jedoch auch gekennzeichnet, dass wir uns beispielsweise mit dem von uns geforderten Sanierungsfahrplan auf dem Weg machen, unsere gemeindlichen Gebäude zur Klimaneutralität zu sanieren. Borchen würde damit beim Klimaschutz verantwortungsvoll vorangehen.

Klimaschutz: Wir werden an unserem Handeln oder Zögern gemessen

Wir werden nicht nur von zukünftigen Generationen sondern bereits von unseren Kindern daran gemessen werden, was wir in Hinsicht auf den Klimaschutz gemacht und was wir eben nicht gemacht haben. Doch wir müssen als FWB für diese Haushaltsrunde zur Kenntnis nehmen, dass es im Borchener Rat und bei dessen aktueller Mehrheit nicht möglich war, große Entscheidungen unter dem Hashtag Klimaschutz einzuleiten. Wir werden den Kindern und der Jugend dazu zukünftig mit Nachdruck Antworten liefern müssen, dazu wird dann kein Hashtag und kein Text in Twitterlänge mehr reichen, um unsere heutige Zurückhaltung zu erklären. Festzuhalten bleibt: Während einerseits in Borchen der Klimaschutz mal wieder zurückgestellt wird, wird andererseits die Verwaltung mit anderen Projekten beauftragt. Ebenfalls wird auch an den Vorplanungen für einen eigentlich wünschenswerten Sportpark im Westen festgehalten.

Park im Westen im Hochwassergebiet

Nach aktuellen Überlegungen liegt dieser jedoch in einem Hochwassergebiet und mit Blick auf die vielen Zukunftsaufgaben werden wir uns wieder Fragen gefallen lassen müssen, ob wir uns diesen leisten können und ob wir diesen – trotz Sanierung des Hessenbergs und der geplanten Mac-Arena – tatsächlich vor anderen Aufgaben priorisieren wollen. Welche Projekte und Wünsche können wir mit Blick auf das Haushaltsdefizit, unabsehbaren Kostensteigerungen und die noch kommenden enormen Kosten des Klimawandels noch verantworten? Oder müssten wir nicht doch das ein oder andere zurückstellen?

Erster Schritt: Energiebericht, Sanierungen für Klimaschutz, Mobilitätsstation

Dennoch gehen wir positiv gestimmt aus den Haushaltsberatungen heraus. Zukünftig gibt der von uns gemeinsam mit der FDP beantragte Energiebericht Auskunft darüber, welche Energien in welcher Höhe von welchem Gebäude verbraucht und wie viel CO2 dabei erzeugt wird. Damit können in einem ersten Schritt Schwachstellen identifiziert und dann Nachbesserungen für mehr Klimaschutz umgesetzt werden. Ebenfalls bekommt der Klimarat und der Klimamanager durch unseren gemeinsamen Antrag den politischen Hinweis und Nachdruck, Maßnahmen zur klimafreundlichen Sanierung der Gebäude auszuarbeiten.

Hier hätten wir uns ein ambitioniertes und klar formuliertes Ziel des Rates gewünscht, welches über die gesetzlichen Vorgaben hinausgeht und welches frühzeitig einen Anteil zum Klimaschutz fordert und auch zur Kostensenkung der Gemeinde beiträgt. Auch hätte ein solch klares Ziel für den Klimarat und den Klimamanager die Möglichkeit geboten, die Borchener*innen für die Maßnahmen zu gewinnen, vor allem auch dann, wenn Erfolge sichtbar werden. Die ebenfalls von uns gemeinsam mit der FDP beantragte Mobilitätsstation in Dörenhagen wird zur Aufwertung und höheren Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs beitragen und so ein sichtbares Signal für den Umstieg vom Auto auf den ÖNPV erzeugen.

„Früher war mehr Lametta“ könnte im Sinne von Loriot dieser Haushalt resümiert werden, der immer weniger finanzielle Spielräume für glänzende Leuchtturmprojekte lässt. Doch auch wenn zumindest der Druck von Fridays-for-Future und das gute Abschneiden der ökologischen und grünen Parteien im Bund ein wenig Hoffnung gemacht und im übertragenen Sinne zur Abschaffung des unökologischen Baumschmucks geführt hat, in Borchen hat der Klimaschutz immer noch eine untergeordnete Rolle.

Mit Blick auf den aktuellen Haushalt hätten wir uns andere Schwerpunkte für mehr Nüchternheit und mehr Nachhaltigkeit gewünscht, dennoch können wir dem insgesamt durchdachten Zahlenwerk im Sinne eines politischen Konsenses zustimmen.