Millionenloch, Haushaltsdefizit und vergebene Chancen

Haushaltsrede der Freien Wählergemeinschaft Borchen FWB zur Haushaltsverabschiedung 2024

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren,

Borchen gemeinsam gestalten: Und dennoch, es ist uns als FWB-Fraktion schwer gefallen mit diesem Haushalt umzugehen. Vor uns liegt ein kaum begreifbares Defizit von 5,6 Millionen Euro und jeder achte Euro, den wir ausgeben, ist damit nicht durch Einnahmen gedeckt.

Wir haben uns gefragt, wie wir dieses Defizit den Borchener*innen und uns erklären können.
Und – wir wissen es nicht. Wir haben keine Antwort gefunden, die zufriedenstellt.

Schon Haushalte mit kleinerem Defizit abgelehnt

Wir haben schon in früheren Jahren Haushalte mit geringerem Minus abgelehnt: Summen, die uns auch damals schon unfassbar vorgekommen sind – doch zumindest konnte man da noch in weiter Ferne eine schwarze Null im Haushaltsplan entdecken. Jetzt ist die schwarze Null überhaupt nicht mehr zu sehen – ganz im Gegenteil: Wir haben sie zurückgelassen und schieben sogar aus den Vorjahren 30 Millionen Ermächtigungsübertragungen vor uns her – für Ausgaben, die im aktuellen Haushalt nicht mal mehr enthalten sind und uns zukünftig bei der Liquidität fehlen werden.

Bürger*innen würden sparen und in Senkung von Kosten investieren

Was würden Nichtpolitiker*innen in dieser Krise tun? Wahrscheinlich sparen, wo es irgendwie möglich ist oder das Geld eben so investieren, dass zukünftig die Verbrauchskosten geringer sind.

Doch einen besonderen Sparwillen konnten wir im Haushalt nicht entdecken. Stattdessen erleben wir Business-as-usual. Wir finden fast dieselben Ausgaben wie in den Vorjahren – eingestellt in der Hoffnung, dass diese geringer ausfallen werden. Als kleinen Rettungsanker des sinkenden Schiffs erhöhen wir die Steuern und Abgaben und blicken dabei vorwurfsvoll auf den Kreis Paderborn, der uns zugegebenermaßen mit seinen hohen Umlagen das Leben noch schwerer macht.

Globaler Minderaufwand zur Kostenreduzierung

Als FWB sind wir mit dem Ziel in die Haushaltsberatungen gegangen, das Defizit von 5,6 Millionen Euro zu verringern. Zusammen mit der FDP haben wir dazu den Vorschlag des sogenannten globalen Minderaufwands gemacht. Durch pauschale Kürzung der Aufwendungen um 1 Prozent wäre die Haushaltsplanung entlastet worden. Das dies ein möglicher und bewährter Ansatz ist, zeigt nicht nur der wirklich unsägliche Name, den sich andere überlegt haben und der kaum merkbar ist. Es zeigen auch viele Kommunen in NRW, wie Viersen, Bottrop, die Kreise Lippe und Paderborn, Leverkusen und Schwalmtal, um nur eine Auswahl zu nennen. Die Stadt Paderborn hat uns zuletzt mit einer viel zu späten Sparrunde beeindruckt und sogar deutlich mehr eingespart als ein Prozent – doch leider fand unser Antrag hier im Rat ebenso keine Mehrheit, wie wir weder überzeugende Gegenargumente noch bessere Vorschläge gehört haben. Dagegen sein ist leicht.

Kein Energiesparen in Borchen

Darüber hinaus fand unser sich seit Jahren wiederholender Antrag zum Energiesparen keine Mehrheit, auch wenn eine solche Maßnahme sich bereits im ersten Jahr rechnen würde. Wir nehmen zur Kenntnis, dass dieser Rat für solche Anträge und die Priorisierung von LED-Technik nicht bereit ist.

Auch hier stehen wir vor der Frage, wie man das den Borchener*innen erklären soll. Seit unserem ersten Antrag im Jahr 2018 die Lichttechnik in den Schulen auszutauschen, ist fast nichts passiert. Borchen setzt weiterhin auf veraltete Beleuchtung und verpasst die Chance, den Energieverbrauch mindestens zu halbieren. Angesichts von Energieausgaben von 1,3 Millionen Euro muss man sich dieses Nein schon leisten wollen. Wir nehmen auch eine schlechte CO2-Bilanz in Kauf. Doch zumindest bleibt der Rat sich mit dieser Entscheidung treu.

Fehlendes Gebäudekonzept trifft auf Sanierungsstau

Denn das von uns seit 2017 geforderte Gebäudekonzept zur schrittweisen energetischen Sanierung der Gebäude fehlt weiterhin und so rennen uns von Jahr zu Jahr mehr die Kosten davon, während die Bürger*inen solche Maßnahmen längst umgesetzt haben.

Als Opposition sind wir in einem Dilemma. Verschiedene Lösungsansätze haben wir vorgeschlagen. Doch der Rat und vor allem die vorige Verwaltungsspitze haben diese mehrfach abgelehnt. Und dies noch in Zeiten, in denen wir diese Maßnahmen noch günstig hätten finanzieren können und der Haushalt dafür noch Handlungsräume gegeben hätte.

Wer nun meint, früher war alles besser, irrt. Wir haben es selbst in den guten Jahren nicht geschafft, eine schwarze Null dauerhaft und nachhaltig zu erzeugen. Vielleicht war auch das Ziel der schwarzen Null falsch – denn bemerkenswert ist ebenfalls der Sanierungsstau, den wir an unseren Gebäuden erreicht haben. Und auch hier zeigt sich die Wirkung der Entscheidungen: Während wir eine Umgehungsstraße geplant haben, die nicht einmal Nord- und Kirchborchen sinnvoll verbindet und wir trotz zahlreicher Räumlichkeiten ein Begegnungszentrum gebaut haben, dass inzwischen vom Hauptnutzer wieder geräumt ist, haben wir ein Rathaus, dass mehr als in die Jahre gekommen ist und Schulen, die sich – nett formuliert – noch im Originalzustand befinden. Auch hat die Mehrheit dieses Rates erste Ziele fallen lassen – der Neubau der Alfener Grundschule sollte zum Start des gesetzlichen Betreuungsanspruchs 2025 zumindest im Bau sein und beides ist in die Ferne gerückt.

Abwehr für Gewaltprävention mehrheitlich im Rat abgelehnt

Borchen gemeinsam gestalten – während die SPD auf den Hund gekommen ist und zumindest einen Antrag eingebracht hat, der ein wenig Einfluss auf den Haushalt nimmt, haben wir von den anderen Parteien keine eigenen Vorschläge, jedoch viel Gegenwehr gehört.

Und so wurde neben LED-Investitionen und pauschaler Kürzung der Ausgaben auch unser Antrag zur Gewaltprävention und Integration an den Schulen abgelehnt. Dieser hätte auch bei der Abwehr rechter und rechtsextremer Tendenzen wirken können. Umso überraschender war für uns die Ablehnung, da sich die Schulleiter im Fachausschuss für unseren Vorschlag ausgesprochen haben und alle Themen aktueller sind denn je.

Visionen muss man sich leisten können

Wir bleiben beim Dilemma – es gäbe gute Gründe – den Haushalt abzulehnen, da uns dieser nicht nachhaltig erscheint, der Sanierungsstau gewaltig ist und wir nur am Rande unsere Ziele wiederfinden. Vom Klimaschutz und der Generationengerechtigkeit wollen wir gar nicht erst sprechen: Visionen muss man sich leisten können.

Doch wir wollen in dieser demokratisch schwierigen Zeit unsere Dialogbereitschaft mit den demokratischen Parteien deutlich unterstreichen und setzen uns dafür auch in der Zukunft ein.

Wir danken dem Kämmerer und der Verwaltung für einen handwerklich ordentlich gemachten Haushalt, der transparent aufgestellt und sachlich diskutiert wurde. Wir danken für die offenen Gespräche, die wir mit der Verwaltung führen konnten und für das neue Vertrauen, dass seit dem Amtswechsel hergestellt wurde.

Mit Respekt auf den demokratischen Willensbildungsprozess und als Zeichen des Zusammenhalts werden wir uns enthalten.